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Reinhard Berlin erhält Preis als Drucker des Jahres 2023 für sein Lebenswerk

In der letzten Woche wurden beim Netzwerkabend in Salzburg vom Verlag Druck & Medien die Besten der Druckindustrie geehrt. Eine besondere Auszeichnung ging an unseren Unternehmensgründer Reinhard Berlin: Der Redaktionspreis für sein Lebenswerk. 1982 legte er, gemeinsam mit seiner Frau, den Grundstein für die Druckerei BerlinDruck. Über vier Jahrzehnte hinweg hat er maßgeblich die Drucklandschaft beeinflusst und setzt sich auch heute noch leidenschaftlich für die Branche ein.

Dank und Ausblick

Der Preis, den Reinhard Berlin für sein Lebenswerk erhalten hat, ist nicht nur eine Anerkennung seiner beeindruckenden Karriere, sondern auch eine Auszeichnung für die gesamte Belegschaft von BerlinDruck und die jahrelange harte Arbeit. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für die tolle Zusammenarbeit der vielen Jahre an das ganze Team von BerlinDruck.

Im Rahmen der Preisverleihung ist ein Interview erschienen, woraus wir hier einen kurzen Auszug veröffentlichen.

Auszug aus dem Interview mit Reinhard Berlin (von Gabriele Eisenbarth)

Im Jahr 1982 hat Reinhard Berlin mit seiner Frau BerlinDruck in Bremen gegründet. Zur Druckbranche kam der heute 73-Jährige eher aus Zufall: Ein Berater beim Arbeitsamt empfahl ihm eine Lehre als Schriftsetzer und in einer Druckerei in der Nähe war noch eine Stelle frei. In den vergangenen vier Dekaden hat sich nicht nur in der Geschichte von BerlinDruck einiges getan: vor 40 Jahren waren wir vollkommen unangreifbar von Nichtfachleuten. Das ist der größte Unterschied zu heute”, sagt Reinhard Berlin. Seit 2011 führt Frank Rüter die Druckerei; Anfang dieses Jahres ist Reinhard Berlin auch als Gesellschafter ausgestiegen und hat diese Aufgabe seinem Sohn Monty übertragen. Jetzt widmet er sich seinem Hobby, dem Fotografieren. Rund 70.000 Bilder gibt es in seinem Archiv. Aber auch Wikipedia-Artikel verfasst er, zum Beispiel über Druckersprache. Die Redaktion von „Druck & Medien” würdigt Reinhard Berlin mit dem Preis für sein Lebenswerk. Geehrt wird ein Unternehmer, der noch heute der Druckbranche eng verbunden ist und gerne auch unbequeme Dinge anspricht. Seine Druckerei hat er über mehrere Jahrzehnte erfolgreich geführt, auch durch herausfordernde Zeiten. Die Redaktion zeichnet Reinhard Berlin für sein Engagement für die Druckbranche aus, für sein erfolgreiches persönliches Wirken und dafür, dass er die Druckindustrie noch immer prägt.

Herr Berlin, Sie reisen und fotografieren sehr gerne. Warum sind Sie Schriftsetzer geworden und kein Reisejournalist?

Reinhard Berlin: Das war reiner Zufall. Während der Schulzeit wollte ich alles Mögliche werden: Architekt, Archäologe, aber ich hatte keinen Plan. Als die Schule zu Ende war, fand ich mich beim Arbeitsamt wieder. Dort meinte der Berater: Sie haben gute Noten in Deutsch und Mathe, wollen Sie nicht Schriftsetzer werden? Ich hatte keine Ahnung, was ein Schriftsetzer macht. In einer Druckerei in meiner Heimatstadt Lemgo war ein Auszubildender nicht erschienen, und so bin ich da hin und durfte gleich anfangen. Da habe ich den Beruf erlernt, den ich heute noch so liebe wie am ersten Tag. Ich bin eigentlich kein Bildmensch, sondern ein Schriftmensch.

Das kann man vielleicht auch gar nicht so trennen. Schrift ergibt auch ein Bild: ein Schriftbild.

Das stimmt schon. Ich bin durch und durch Typograph. Ich interessiere mich für Schriften und habe zu Hause Hunderte von Büchern, weil es einfach schöne Bücher sind, und nicht, weil ich alle gelesen habe.

1982 haben Sie BerlinDruck gegründet. Wie kamen Sie als Schriftsetzer dazu?

Nach der Ausbildung war ich zunächst als Metteur in Luzern und beim „Kölner Stadt-Anzeiger” beschäftigt. Parallel dazu habe ich in Wuppertal Druckereitechnik studiert. Nach dem Studium wollte ich etwas anderes machen und habe bei Hapag-Lloyd als Produktionsleiter in der Werbung angefangen. Mit 16 Leuten haben wir dort unter anderem die Bordmagazine für die Fluggesellschaft und die Kataloge für die Kreuzfahrtschiffe entwickelt. Nach vier Jahren beschloss Hapag-Lloyd, von Bremen nach Hamburg umzuziehen. Wir hatten uns in Bremen gut eingelebt und wollten nicht umziehen. Deshalb habe ich meine erste GTO bei Heidelberg bestellt und in einem ehemaligen Edeka-Geschäft in Bassum mit zwei Leuten angefangen zu drucken, in erster Linie Formulare.

Ihre Frau war da schon mit von der Partie?

Ja, wir haben die Druckerei zusammen gegründet, und sie hat von Anfang an in der Personalverwaltung und Organisation mitgearbeitet. Das war nicht immer einfach, denn unsere vier Kinder waren ja auch noch zu versorgen.

Wenn Sie zurückblicken, gibt es sicher vieles, worin sich das Drucken von damals von dem heute unterscheidet. Was ist der größte Unterschied?

Vor 40 Jahren waren wir vollkommen unangreifbar von Nichtfachleuten. Das ist der größte Unterschied zu heute. Wir hatten unsere eigene Sprache, unser eigenes Maßsystem, unsere eigenen Maschinen. Wir waren eine „closed society”, damals hätte sich keiner einen Briefbogen selbst setzen können. Heute kann sich jeder Auszubildende am Computer seinen eigenen Briefbogen entwerfen und bestellen. Wir waren als Handwerk unantastbar, man brauchte uns – dringend. Heute braucht man uns nur noch bedingt. Es gibt hundert Kanäle, um Produkte zu präsentieren und zu informieren.

Wenn Sie nicht Druckerei-Besitzer geworden wären, was wäre eine Alternative gewesen?

Das Marketing hat mir gefallen, das habe ich bei Hapag-Lloyd gemerkt. Aber letzten Endes galt meine Liebe immer dem Papier und der Schrift, dem Gedruckten. Das wollte ich nie verlassen, niemals.

Was haben Sie im Laufe Ihres Berufslebens gelernt?

Ich habe mich immer für meine Kunden interessiert und zum Beispiel deren Fachzeitschriften gelesen. Etwa die „Fremdenverkehrs- Wirtschaft”, die für unsere Tourismus-Kunden wichtig ist, oder den „Maschinen-Markt”, um zu erfahren, mit welchen Problemen ein Kunde kämpft, der eine Zahnrad-Fabrik hat. Wir haben viele Branchen als Kunden, und ich weiß überall ein bisschen Bescheid. Außerdem sehe ich mir immer die Bilanzen der Firmen im „Bundesanzeiger” an.

Seit 2011 führt Frank Rüter BerlinDruck. Welche Rolle spielt die Druckerei noch in Ihrem Leben? Ich nehme an, Sie sind noch Gesellschafter?

Seit 1. Januar bin ich nicht mehr Gesellschafter, das ist jetzt mein Sohn Monty. Er ist gerade 30 geworden und hat Betriebswirtschaft studiert. Er ist allerdings nicht operativ tätig, sondern leitet den Kalender-Verlag, den meine Frau und ich 2000 übernommen haben. Ich bin operativ ausgestiegen, aber mit dem Herz, der Seele und dem Marketing dabei. Ich spreche fast jeden Tag mit Herrn Rüter und sehe auf dem Server alle Zahlen und welche Aufträge da gerade liegen.

Wir haben über die Veränderungen in der Druckbranche gesprochen. Wie sieht es mit dem Management aus? Heute sind agiles Arbeiten und Lean Management angesagt. Passt das zu Ihrem Führungsstil?

Ich stamme tatsächlich aus dem vorigen Jahrhundert und sehe an meinen Kindern und Herrn Rüter, dass heute im Management ganz andere Dinge gefragt sind. Ich bin mehr der softe Typ und glaube nicht, dass ich mit meinem Führungswerkzeug noch etwas ausrichten könnte. Wir sind immer noch ein wachsender Betrieb – mit einem Umsatz-Zuwachs von 30 Prozent im vergangenen Jahr und inzwischen 50 Mitarbeitern.

Welche Druckprodukte werden die nächsten zehn Jahre überleben?

Die Tageszeitung auf jeden Fall nicht. Wie eine Studie kürzlich feststellte, wird 2034 die letzte Tageszeitung gedruckt, wenn der Auflagenschwund so weitergeht wie bisher. Die „Bild”-Zeitung hat inzwischen noch eine Auflage von 900.000 Exemplaren, es waren mal 5,4 Millionen. Ich sehe das ja bei meinen Kindern. Die beiden jüngsten haben noch nie eine Tageszeitung in der Hand gehabt und sind trotzdem immer gut informiert. Aber es gibt auch Drucksachen, die bleiben. Der Kalender- Verlag meines Sohnes hat stabile Auflagen, obwohl heute alle mit Outlook und Smartphone arbeiten.

Ihre große Leidenschaft ist das Reisen und Fotografieren. Es gibt auch eine Homepage dazu: Reinhard reist um die Welt. Wie kommen Sie auf Ihre Reiseziele?

Das ist unterschiedlich. Ich mache spezielle Fotoreisen in einer Gruppe, da war ich zum Beispiel dieses Jahr in Vietnam. Viele Anregungen hole ich mir aus Büchern. Wenn ich ein Buch lese, das mich anspricht, fahre ich dahin, wie zum Beispiel nach Concarneau in der Bretagne, wo die Krimis des Autors Jean-Luc Bannalec spielen. Mit meinem Enkel war ich jahrelang auf Reisen, jedes Jahr ein Mal zum Beispiel im Iran oder auf der Magical Mystery Tour auf den Spuren der Beatles in England und Irland. Ich versuche immer, einen Aufhänger zu finden.

Welches Land ist Ihnen auf Ihren vielen Reisen besonders im Gedächtnis geblieben?

Der Iran – und es schmerzt mich außerordentlich, wenn ich sehe, wie da die Menschen unterdrückt werden. Sehr gastfreundliche Menschen, die einen zum Tee einladen. Dazu eine wirklichtraumhafte Landschaft: Wasserfälle, Berge und jeder Zentimeter offenbart eine Geschichte, die über 3.000 Jahre alt ist. Persepolis ist eine unglaubliche Ausgrabung und mein Enkel und ich waren da praktisch die einzigen Besucher. Man entwickelt schon eine Beziehung zu dem Land und die aktuelle Entwicklung geht unter die Haut.

Sie müssen ein riesengroßes Archiv an Fotos haben. Was geschieht damit?

Ja, gute Frage. Ich habe auf meinem Rechner über 70.000 Fotos. In meiner Freizeit bin ich überzeugter Wikipedianer. Da gibt es eine Bewegung mit dem Titel “Wiki loves Monuments”, die alle denkmalgeschützten Objekte auf der Erde dokumentiert und fotografiert. Ich betreue in Niedersachsen einen ganzen Landkreis und fotografiere zum Beispiel alte Bauernscheunen oder Häuser, die unter Denkmalschutz stehen. Davon gibt es alleine in meinem Geburtsort Lemgo über 900 Stück. Ich schreibe auch Artikel für Wikipedia.

Schreiben Sie dort über Denkmalschutz?

Nein, über Druckersprache. Über alte Ausdrücke, die niemand mehr kennt. Wer weiß heute noch, was ein Metteur ist oder ein Stereotypeur? Diese Begriffe werden bei Wikipedia dokumentiert, um nicht in Vergessenheit zu geraten. Ich habe auch alte Druckmaschinen im Museum für Druckkunst in Leipzig fotografiert. Wenn Sie auf Wikipedia eine Druckmaschine von 1905 sehen, kann das eins meiner Fotos sein. Ich habe dort über 1.000 Fotos hinterlegt.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Ich will mir unbedingt noch den Ort Fabriano in den Marken in Italien anschauen. Dort wird bis heute in der letzten von ehemals 40 Papiermühlen Papier hergestellt. Bloß nicht müde werden!

 

Das ganze Interview ist in der Ausgabe 2023#04 von Druck & Medien zu finden.

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