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Die Revolution frisst ihre Kinder

Benny Landa, dem genialen Pionier des Digitaldrucks (HP Indigo) wird der Satz zugeschrieben: „Everything that can become digital will become digital – and printing is no exception“. Dieser Satz ist älter als 20 Jahre und niemand würde die Gültigkeit heute noch bestreiten.

Aber was genau meint „Digitalisierung“ in diesem Zusammenhang mit unserer Branche? Es kann ja nicht nur die Umwandlung von stufenlos vorhandenen Werten in digitale Codes 0-1-1-0-1-1-0-0 gemeint sein, wenn heute versucht wird, alles, wirklich alles zu digitalisieren. Kann man z.B. eine Kundenbeziehung digitalisieren? Das versuchen Konzerne natürlich, in dem sie uns bei Anfragen oder Wünschen mit Computerstimmen abspeisen. Ich kenne niemanden, der das mag.

Kommen wir also zum Thema: Der sogenannte Internetdruck ist allgegenwärtig. Nicht nur an den Banden in Fußballstadien. Wer bei Google eine Druckerei sucht, landet in der Regel nicht bei einem lokalen Anbieter, sondern bei Flyeralarm oder WMD. Dieses – zugegeben sehr erfolgreiche – Geschäftsmodell ist inzwischen auf dem Einkaufszettel großer Hedgefonds. Und die hassen bekanntermaßen Personalkosten wie die Pest und finden ein jährliches Wachstum unter 20% ekelhaft.

Also: Ran an den Speck der Kunden. Nach wie vor kommen mehr als die Hälfte aller Internet-Druckaufträge von Firmen, mehrheitlich Werbeagenturen und zahllosen Solo-Selbständigen der Medienbranche. Und die werden jetzt eiskalt rasiert. Flyeralarm bietet ab sofort einen sogenannten Crowdworking-Service an. Damit können „Kunden“ auf die Dienste von über 90.000 „Gestaltungsexperten“ zurückgreifen. Ein neues Logo, Overnight entwickelt in Indien, eine Video-Animation direkt aus Malaysia, oder gleich einen kompletten Webauftritt aus China.

Werbeagenturen, mit denen man gemeinsam ein Konzept erarbeitet, Ideen entwickelt, Drucksachen produziert: Schnee von gestern. Wenn ein neues 5-Euro-Logo aus dem Internet nicht gleich gefällt, macht Flyeralarm daraus einen ganzen Wettbewerb. Man startet einen Design-Wettbewerb und bittet Tausende (!!!) Designer um Hilfe. Schon für 149 Euro schuften ganze Grafiker-Brigaden im Netz.

Und jetzt der ganz große Clou:

Sie sind Designer und finden es nicht gut, dass Flyeralarm Ihnen jetzt Ihre Kunden abspenstig macht? Dann werden Sie doch die Nummer 90.001 im Crowdworking-Pool und beteiligen sich am Wettbewerb für ihre ehemaligen Kunden. Wenn Sie gewinnen, gibt’s für das tolle Logo dann vielleicht einen 20-Euro-Gutschein für Ihren nächsten Druckauftrag an Flyeralarm. Aber nur vielleicht.